research

Der rote Faden, der sich durch meine wissenschaftliche und berufliche Laufbahn zieht, ist das Interesse an dem Verständnis (komplexer) dynamischer Systeme, insbesondere solcher, für deren Verständnis man weitergehende mathematische Methoden benötigt. Während meiner Promotion und Postdoc-Zeit habe ich mich eher theoretisch mit chaotischen Systemen beschäftigt, später eher praktisch mit thermodynamischen Systemen wie beispielsweise der Kühlung und Temperaturregelung von Fahrzeugkomponenten oder den Vorgängen in einem Katalysator.

 

laufende Projekte

 

eFlow (Laufzeit: 07/2021-06/2023)

Interreg-Projekt mit Rebekka Axthelm: Entwicklung eines Softwaretools zur Berechnung von Personenströmen und der damit verbundenen Ausbreitung von Infektionskrankheiten.

 

Themen

 

Ein dynamisches System ist ein System, das sich in Abhängigkeit von der Zeit verändert, also so ziemlich alles, was uns umgibt. Mathematisch wird es in der Regel durch eine Differentialgleichung beschrieben. Die Theorie der dynamischen Systeme fragt nicht unbedingt nach einer konkreten Lösung für bestimmte Anfangs- und Randwerte, sondern nach dem typischen Verhalten des Systems. Wie sieht eine typische Lösung aus? Wie viele periodische Lösungen gibt es - mit welchen Perioden? Besitzt das System Attraktoren?

Als Urvater der dynamischen Systeme gilt Henri Poincaré und seine Behandlung des Drei-Körper-Problems. Für dieses gibt es keine analytische Lösung. Mit Hilfe von Methoden aus Topologie und Geometrie gelang es ihm, das Drei-Körper-Problem zu analysieren - mit Hilfe der Poincaré-Abbildung. Dies führte zu der Untersuchung von diskreten dynamischen Systemen.

Bis in die 60er Jahre hinein dachte man, dass ein typisches dynamisches System chaotisch und stabil ist. Beide Eigenschaften scheinen sich erst einmal zu widersprechen: Chaotische Systeme sind solche, bei denen schon beliebig kleine Änderungen in den Anfangswerten zu komplett anderen Lösungsverläufen führen, z.B. kann aus einer periodischen Lösung (z.B. eine um einen Stern kreisende Planetenlaufbahn) eine transitive Lösung werden (z.B. eine Planetenbahn, die irgendwann beliebig nahe an jedem beliebigen Ort im Universum vorbeikommt). Dies macht die Simulation und damit numerische Vorhersagen (über längere Zeiträume) von solchen Systemen praktisch unmöglich, da alle als Anfangswerte verwendeten Messdaten notwendigerweise störungsbehaftet sind. Ein Beispiel für ein chaotisches System ist das Wetter. Die Rede vom Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Tornado auslösen kann, bezieht sich genau auf dieses Beispiel. Weitere eindrucksvolle Beispiele sind der van der Pol-Oszillator oder das besagte Dreikörperproblem. Gleichzeitig sind chaotische Systeme stabil in dem Sinne, dass - wenn man Systemparameter leicht verändert - das gestörte Systeme immer noch chaotisch ist und sogar dieselbe Dynamik wie das ursprüngliche besitzt. Die Vermutung, dass praktisch alles chaotisch und stabil ist, wurde aber von Sheldon Newhouse (1974) widerlegt.

Konkret habe ich mich mit der Klassifikation von dynamischen Systemen beschäftigt. Nicht jeder Raum erlaubt jede Dynamik, z.B. kann es auf einer Kugel keine hyperbolischen Systeme geben, die chaotisch sind, auf einem Donut (Torus) gibt es sie dafür in Hülle und Fülle. Die Zusammenhänge von Geometrie und Dynamik kann man nutzen und untersuchen, auf welchen Mannigfaltigkeiten es welche Dynamik geben kann.

In der Industrie habe ich mich mit thermodynamischen Systemen beschäftigt, z.B. um die Gasströmungen und chemischen Reaktionen in Katalysatoren, um Abgaswerte zu berechnen, verschiedene Katalysatorsysteme zu vergleichen und die Abgasnachbehandlung zu optimieren. Eine weitere Anwendung war die Optimierung des Thermomanagement durch Modellierung und Simulation der Kühlprozesse. Dies ist für die Leistungsfähigkeit von (Elektro)Motoren, Batterien, Bremsen, aber auch Turbinen sehr wichtig, auch für den Komfort in Fahrzeugen spielt das Thermomanagement natürlich eine Rolle.

Für Simulationen müssen die zu simulierenden Objekte, meist irgendwelche Bauteile, diskretisiert werden, d.h. man zerlegt sie - meistens - in kleine Quader oder Tetraeder bzw. ihre Oberflächen in Dreiecke oder Vierecke, Grenzschichten in Prismen etc. Diese Diskretisierungen können dann für Finite Elemente Simulationen oder Finite Volumen Simulationen verwendet werden. Die Qualität der Simulationsergebnisse hängt stark von der Qualität der Diskretisierung ab. Deswegen spielt die Optimierung dieser sogenannten Netze eine große Rolle in der Anwendung. Ich habe mich vor allem mit geometrischen Algorithmen zur Netzoptimierung beschäftigt.